Ich bin diesjähriges Jurymitglied für das PAN-Stipendium für Fantasyschreibende. Die erste Runde ist abgeschlossen, in der ich 71 Einsendungen für die Kategorie „Roman“ sichten durfte. Insbesondere in Sachen Exposés ist es hier zu sehr starken Qualitätsunterschieden gekommen – und mir sind einige Fehler aufgefallen, die teilweise noch flächendeckend gemacht werden. In diesem Beitrag möchte ich diese Punkte zusammenfassen. Teilweise sind diese natürlich subjektiv, sollten aber in jeder Hinsicht als Hilfestellung dienen können, was man bei seinen zukünftigen Buch-Exposés bedenken sollte. Alle Beispiele in diesem Beitrag sind fiktiv und lassen keinen Rückschluss auf tatsächliche Bewerbungen zu.
By the WAYE: In der Erstrunde habe ich 14x für „Ja“, 10x für „Vielleicht“ und 47x für „Nein“ gestimmt. Ausschlaggebend für meine Wertungen war der Inhalt, aber ich werde im Folgenden nicht nur auf inhaltliche Punkte eingehen.
Inhaltsverzeichnis
Exposé-Fehler in der Inhaltsangabe
Inhaltlicher Umfang von Exposés
Es ist die goldene Regel Nummer eins und ich sehe nur sehr, sehr wenige Exposés, die dagegen verstoßen, aber zur Vollständigkeit muss ich es noch einmal sagen: Ein Exposé erzählt immer bis zum ENDE der Handlung. Es ist ein No-go, inhaltlich beim großen Finale abzubrechen und einem den Rest vorzuenthalten – sei es absichtlich, um „Spannung“ aufzubauen oder schlichtweg weil man noch nicht weit genug gedacht hat. Dann ist eine Prüfung schlichtweg nicht möglich.
Merke dir: Exposés denken die ganze wesentliche Handlung (Anfang, Mittelteil, Ende) ab.
Unnötige Komplexität in Exposés
Natürlich ist man immer sehr stolz darauf, wenn das eigene Fantasyprojekt mit einem besonderen Weltenbau, einem ausgeklügelten Magiesystem oder andersartigen Kreaturen besticht.
Aber: Das ist kein Grund, jedes noch so winzige Detail davon ins Exposé zu quetschen. Im Exposé geht es darum, den wesentlichen Inhalt eines Buchs auf möglichst wenige Seiten zu komprimieren – und das nur so komplex wie unbedingt nötig. Nichtsdestotrotz stolpere ich immer wieder über Exposés, in denen diese Richtlinie nicht befolgt wird: Angefangen mit unzähligen, teils komplizierten Namen und Begrifflichkeiten, die teilweise nur ein einziges Mal ins Exposé geworfen werden, sodass man sie genauso gut hätte umschreiben oder weglassen können.
Eine Faustregel, die ich hier immer mit auf den Weg gebe, ist: Wenn ein Name nur ein einziges Mal genannt wird, kann er auch keinmal genannt werden.
Das Nachbarreich Arzdughadur kann dann auch einfach nur „das Nachbarreich“ und der Leibwächter Vâhanâsîr einfach nur „der Leibwächter“ sein. Teilweise geht dieser starke Infodump direkt im ersten Absatz los. Ich hatte im Rahmen der Jurymitgliedschaft allerdings genauso wenig wie Literaturagenten und Lektoren die Zeit, den Anfang des Exposés x-mal zu lesen, bis ich alle Begrifflichkeiten auseinandergezwirbelt hatte. Das wirkt sich dann schlichtweg auf das Verständnis und den Gesamteindruck aus.
Stichpunkte im Buch-Exposé
Stichpunkte sind an eigentlich jeder Stelle des Exposés okay. Teilweise auch in der Inhaltsangabe – aber nicht, wenn es sich damit leicht gemacht wird. Auch schon im Exposé kann man als Prüfer einen Überblick über den Schreibstil des Einsenders bekommen. Stichpunkte sollten daher nicht in der Inhaltsangabe verwendet werden, um der eigenen Schreibfaulheit zu entgehen. Fun Fact: In vielen Exposés, die ausufernde Stichpunkte verwendet haben, hätten man sich oftmals mehr Platz gespart, im Fließtext zu schreiben (ja, es gab eine Seitenbegrenzung).
Merke dir: Es gibt meistens keinen guten Grund für Stichpunkte in der Inhaltsangabe (und dann sollte man auch darauf verzichten.)
Weitere Exposé-Fehler in der Inhaltsangabe
Weitere Auffälligkeiten, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
- Zeitfehler: z. B. wenn mittendrin für einen halben Satz ins Präteritum gewechselt wird, obwohl der Inhalt nicht in einer vorangegangenen Zeit spielt als der davor oder danach
- Charakterbeschreibungen, die entweder unnötig ausufernd sind, nur Elemente wiederholen, die ohnehin in der Inhaltsangabe stehen, oder nur aus einem inhaltlich nicht sonderlich relevanten Satz bestehen, sodass man die Sektion auch ganz hätte streichen können
Formatierung und Struktur im Buch-Exposé
Formatierung in der Inhaltsangabe (mit Beispiel)
Hier ist leider eine unangenehm hohe Anzahl der Bewerber mit dem exzessiven Gebrauch von Fettformatierungen und/oder Unterstreichungen (und teilweise sogar farbiger Formatierung) aufgefallen. An sich waren diese Formatierungen erlaubt, aber es gibt eben doch einen Unterschied dazwischen, den Pfeffer zu benutzen, um das Gericht zu würzen, und den Streuer aufzureißen und den gesamten Inhalt auf sein Essen zu kippen.
So verhält es sich, wenn innerhalb eines Satzes mehrere, teilweise willkürliche, Textstellen fett formatiert werden, und das übers ganze Exposé hinweg. Wie sehr bist du über den vorangegangenen Satz gestolpert?
Teilweise waren die Inhaltsangaben so voller Fettformatierung, dass es kaum mehr etwas gab, was nicht fett war. Wilde Unterstreichungen zusätzlich zum ganzen Fett-Gewirr waren da das Sahnehäubchen auf der Torte.
Beides entbehrte in ausnahmslos allen Fällen jeglicher Logik. Und das meine ich ernst: Ich weiß nicht, warum das gemacht wurde. An sich darf man davon ausgehen, dass jemand, der ein Exposé liest, sich 2-3 Seiten Fließtext zu Gemüte führen kann, ohne dass die ganze Zeit vermeintlich relevante Aspekte betont werden. Genauso verhält es sich bei Namen.
Merke dir:
OK: Die erste Namensnennung fett zu machen.
Nicht OK: Jede einzelne Namensnennung in der ganzen Inhaltsangabe fett zu machen. Auch hier sollte man sich fragen: Was hat irgendjemand davon, wenn jede einzelne Namensnennung fett ist? Es hilft mir nicht dabei, beim Lesen die Charaktere auseinanderzuhalten, weil sie schließlich alle genau so formatiert werden.
Ach ja, und weil es auch schon vorkam: Den Leser MEHRMALS pro Satz ANZUSCHREIEN, ist ÜBRIGENS auch KEINE adäquate LÖSUNG, um SATZTEILE ZU BETONEN.
Verbalisierte Struktur im Exposé
Vielen Schreibenden hilft es, sich beim Plotten oder Exposé-Schreiben an bekannten Strukturen zu orientieren, z. B. über Kapitelangaben oder klassischen Geschichten-Aufbau-Methoden, bei denen man verschiedene Handlungsstränge, Konflikte, Wendepunkte usw. benennt.
Aber: Ein Plot ist etwas anderes als eine Inhaltsangabe. Ein Plot kann dir persönlich beim Planen deines Buchs helfen (= du bist die Zielgruppe). Eine Inhaltsangabe dient jedoch dazu, einem Dritten die wesentlichen Punkte deiner Geschichte näherzubringen (= andere Personen, die dein Projekt interessant finden sollen, sind die Zielgruppe).
Anhand einer solchen Struktur kann man sich beim Schreiben eines Exposés bedienen, aber man sollte das nicht unbedingt 1:1 so im Exposé benennen. Ob etwas ein Wendepunkt oder ein Konflikt ist, sollte sich aus dem (Kon-)Text ergeben. Wenn ein neuer Absatz mitten in der Inhaltsangabe auf einmal mit „2. Wendepunkt:“ beginnt, reißt das vor allem aus dem Lesefluss.
Merke dir: Die Struktur und der Spannungsbogen sollten beim reinen Lesen der Inhaltsangabe ersichtlich werden. Wenn du das Bedürfnis hast, die Struktur aktiv zu benennen, könnte das ein Zeichen sein, dass dir die Darstellung des Spannungsbogens nicht gelungen ist. In diesem Fall solltest du an der Inhaltsangabe feilen.

Umgang mit Längenangaben und Inhalt des Buch-Exposés
Kürzeritis
Ein Phänomen, das ich liebevoll „Kürzeritis“ nenne, ist auch im Rahmen der PAN-Jury sehr stark aufgefallen. Es gab eine feste Längenbegrenzung von 3 Normseiten, und nicht immer ist es einfach, sein Manuskript auf diese Seitenzahl runterzukomprimieren. Aber es ist möglich.
Was man daher auf keinen Fall tun sollte, ist es, zum Beispiel das ganze Ende wegzulassen (s. o.). Es ist ein beliebter Tipp, das Exposé erst einmal längenunabhängig zu verfassen und es im nächsten Schritt so weit runterzukürzen, dass man der Vorgabe entspricht.
Genau hier entsteht häufig „Kürzeritis“ – man streicht Informationen, die wesentlich gewesen wären, oder entfernt Themen nur zur Hälfte, sodass sie unverständlich im Raum stehen. Das passiert zum Beispiel, wenn auf einmal von Charakteren die Rede ist, die vorher gar nicht vorgestellt wurden, auf Konzepte oder sonstige Themen zurückgegriffen wird, deren Erklärung gestrichen wurde, usw. Resultat: Die Verwirrung ist verwirrt.
Merke dir: Um Kürzeritis auszuschließen, solltest du das Exposé vorab jemandem zum Lesen geben, der keine Ahnung von der Geschichte hat.
Wiederholungen über Wiederholungen (mit Beispiel)
Viele Exposés beinhalteten Pitch, Logline und Inhaltsangabe. Davon wiederum beinhalteten viele Exposés Pitch, Logline und Inhaltsangabe, die sich gefühlt komplett identisch gelesen haben. Da es sich bei den Bewerbungen nur um dreiseitige Dokumente handelte, habe ich somit innerhalb der ersten Seite dreimal dasselbe gelesen.
Fiktives Beispiel:
Logline: Ein fauler Zauberer muss mit seinen Gefährten ein sagenumwobenes Gurkenschwert finden, um sein Land von der Gewalt der sprechenden Ziegen zu befreien.
Pitch: In einem Reich, das vor Jahrzehnten von sprechenden Ziegen übernommen wurde und bis heute von ihnen auf übelste Weise terrorisiert wird, erfährt ein fauler Zauberer, dass er der Einzige ist, der das sagenumwobene Gurkenschwert finden kann, dem magische Kräfte nachgesagt werden und das eine Geheimwaffe gegen die Ziegen sein soll. Begleitet von drei Gefährten begibt er sich auf eine Reise.
Erster Absatz der Inhaltsangabe: Vor vielen Jahrzehnten wurde das Reich Mörhenündrhuben von der antiken Rasse der Maehmaehs überfallen, die das Reich und all seine Einwohner bis heute in ihrer Gewalt haben. Zur dunkelsten Stunde erfährt der faule Zauberer Hexheyx von einer Tomate, dass er der Einzige ist, der das legendäre Gurkenschwert finden kann (…)
Ihr versteht, was ich meine. So was ist schlecht. Erstens, weil ich all diese Informationen schon beim ersten Mal verstanden habe, und zweitens, weil damit unglaublich viel Platz verloren geht, um Dinge zu schildern, die ich noch nicht wusste. Man hat also zwei Möglichkeiten: Entweder man formuliert um und gewichtet unterschiedlich, oder man lässt z. B. die Logline weg. Meistens ist eine Mischung aus beidem die Lösung.
Merke dir: Gerade wenn ein Exposé nur 2-3 Seiten umfasst, gibt es keinen Grund, sich inhaltlich zu wiederholen.
Gewichtung Band 1 und Folgebände
Wenn es Folgebände gibt, sollte man diese im Buch-Exposé kurz „mit-pitchen“ – aber hier sollte man es nicht übertreiben. Ein Absatz reicht in der Regel völlig, wenn er gut geschrieben ist. Bei den Stipendiumsbewerbungen kam es einige Male vor, dass die Folgebände eine ganze Seite des Exposés für sich beansprucht haben. Das wiederum bedeutet, dass der Inhalt von Band 1 so gut wie keinen Platz mehr hatte. Kombiniert mit anderen Problemen wie Kürzeritis hatten diese Exposés häufig eine weniger gute Qualität.
Merke dir: Im Exposé muss vor allem Band 1 atmen können! Wenn die Begeisterung für Band 1 nicht geweckt wird, werden lange Ausschweifungen über die Folgebände nichts mehr retten können.

Sonstige Fehler in Buch-Exposés (mit Beispiel)
Weitere Exposé-Fehler oder Unschönheiten, die keiner langen Erklärung bedürfen, waren:
- Ausufernde Figurenbeschreibungen teilweise inkl. aller Nebencharaktere, die wenig interessant sind und viel zu viel Platz beanspruchen
- Arrogant formulierte USPs oder USPs, in denen „wichtige Themen“ aufgezählt werden, die sich in der Inhaltsangabe nicht widerspiegeln
- Zu breite oder fehlende Zielgruppenbeschreibungen
- Sehr unbekannte Vergleichswerke (wenn ich sie nicht kenne, werde ich sie nicht extra googeln – die Information sagt dann schlichtweg nichts für mich aus)
- Zielgruppenbeschreibungen, bei denen es sich einfach nur um eine Umschreibung des Buchinhalts handelt (fiktives Beispiel: „Für Lesende, die düster-humorvolle Akademie-Geschichte mit Einhörnern und Warzenschweinen als Seelenbegleiter mögen“)
Das war es von mir mit meinen exklusiven Einblicken von der Arbeit als Jurymitglied bei PAN. Die Phase der Erstauswahl endet im Juli.
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