“In welchem Genre schreibst du?” ist wahrscheinlich eine der häufigsten Fragen, die Autoren im Gespräch gestellt werden. Im Optimalfall findet man darauf sofort eine Antwort. “Ich schreibe Liebesromane”, “Ich schreibe Krimis” oder “Ich schreibe Science-Fiction.” Aber manchmal ist die Antwort auf diese Frage gar nicht so einfach, beispielsweise wenn das Manuskript Einflüsse von verschiedenen Genres enthält. In diesem Fall kann sich die Genrebezeichnung zu einer Wissenschaft für sich entwickeln. Finde heute heraus, warum das Genre wichtig ist und wie du für dein Buch das passende Genre findest.
Inhaltsverzeichnis
Warum das Genre wichtig ist
Ein Genre ist doch nur eine Bezeichnung. Im Endeffekt kommt es doch sowieso auf den Inhalt des Buches an. Richtig? Nicht ganz. Das Genre ist eine wichtige Einordnungsmöglichkeit – zuerst für den Verlag (oder die Literaturagentur), dann für den Leser. Aber fangen wir am Anfang an:
Wer ein Manuskript schon einmal bei einem Verlag einreichen wollte, stößt auf ganz unterschiedliche Manuskript-Anforderungen. Doch eine Sache haben die Unterseiten der Verlage, die allesamt “Manuskripteinsendungen” o.Ä. heißen, gemeinsam: Sie verlangen vom Autor, dass er sich mit dem Genre des eigenen Buches und den vom Verlag verlegten Genres auseinandersetzt.
Ein Beispiel des Piper Verlags, der auf seiner Website schreibt:
Passt Ihr Manuskript in unser Programm?
Bevor Sie Ihr Manuskript einreichen, prüfen Sie bitte, ob es in unser Verlagsprogramm passen würde. Schauen Sie sich dafür z. B. diejenigen Bücher an, die bereits im Piper Verlag erschienen sind.
Piper Verlag
Das ist der ganz natürliche erste Schritt vor jeder Verlagsbewerbung mit dem eigenen Buch: Man sieht sich das Programm des Verlags an und versucht, einzuschätzen, inwieweit das eigene Buch dazupassen würde.
Falls das Genre deines Buches nicht zum Verlagsprogramm passt, wird das meist noch einmal gesondert aufgeführt. Hier wieder ein Beispiel des Piper Verlags:
Diese Genres bedienen wir leider NICHT im Piper Verlag:
Piper Verlag
• Kurzprosa
• Theaterstücke
• Gedichte
• Spruchsammlungen
• Ratgeber
• Erinnerungen
• Tagebücher
• Märchen
• Kochbücher
• Bildbände
• Promotions- und Habilitationsschriften sowie Magister- und Studienabschlussarbeiten
Hier ist der Fall eindeutig: Wer eine Kurzgeschichte, einen Ernährungs-Ratgeber oder eine Masterarbeit im Bereich Naturwissenschaften geschrieben hat, wird im Piper Verlag nicht den passenden Partner für eine Veröffentlichung finden.
Aber welche Genres verlegt der Piper Verlag dann? Von dieser Info ist man nur einen Klick entfernt:
Neben Basis-Kategorien wie “eBooks” und “Bestseller” findet man hier auch ausgewählte Genres, die im Piper Verlag veröffentlicht werden, z.B. Fantasy, Thriller und Krimis.
Wenn du dein Genre richtig einordnen kannst, wirst du also schon vor der Manuskripteinreichung abschätzen können, ob du überhaupt Chancen auf eine Veröffentlichung hast, und kannst dir notfalls viel Zeit und Mühe für deine Bewerbung ersparen.
Nicht nur du, sondern auch der Verlag wird durch die richtige Genre-Angabe schon im Anschreiben sehen, ob das Manuskript grundsätzlich ins Programm passt. Gleichzeitig kann das Buch-Genre aber auch erste, tiefere Einblicke in das Manuskript geben (siehe weiter unten).
Das Genre des eigenen Manuskripts finden
Meistens ist es das kleinste Problem, das ungefähre Genre seines eigenen Manuskripts zu finden. Zu den wahrscheinlich geläufigsten Genres gehören wohl der Abenteuerroman, die Dystopie, Fantasy, historische Romane, Horror, Jugendromane, Krimis, Liebesromane, Science-Fiction und Thriller. Einen Überblick über diese und alle weiteren Genres findest du hier.
Hier könnt ihr z.B. nach genrespezifischen Merkmalen gehen, um euer eigenes Manuskript darin einzuordnen. Oft sind Genregrenzen aber fließend und Definitionen nicht ganz eindeutig. Während sich z.B. Fantasy als eigenes Genre herauskristallisiert hat, ist sie für manche nur ein Subgenre der Science-Fiction. Es kann also passieren, dass dein Manuskript nicht eindeutig einem Genre zuordenbar ist.
Eine weitere Methode ist es auch, sich nach vergleichbaren Titeln auf dem Markt (wichtig fürs Exposé!) umzusehen. Welchen Genres werden diese zugeordnet?
Beispiel: Highland-Saga
Was ist zum Beispiel die Highland-Saga von Diana Gabaldon, die derzeit als Serie “Outlander” zu sehen ist. Wer die Story nicht kennt, hier ein kurzer Abriss: Eine verheiratete Frau gerät durch ein Portal ins Schottland des 18. Jahrhunderts, wo sie nicht nur ums pure Überleben kämpft, sondern sich auch noch verliebt.
Wer das Buch-Genre über Google herausfinden will, bekommt dieses Ergebnis:
Historischer Roman, Science-Fiction/Fantasy und Liebesroman – ja, was ist es denn nun? Dieses Beispiel zeigt, dass Genres nicht immer einfach zu definieren sind – und dass es auch vollkommen in Ordnung ist, wenn man sein Buch nicht mit einem einzigen Genre beschreiben kann.
Wenn mehrere Genres passen
Für deine Manuskripteinsendung empfehle ich, dich auf maximal zwei Genres zu beschränken. Warum? Mit dem Exposé und auch der Angabe des Genres zeigst du, dass du dein Manuskript gut im Markt einordnen kannst. Wenn du dann aber mit unzähligen Genres um dich wirfst, sieht es eher nach dem absoluten Gegenteil aus. Und – wenn nicht einmal du weißt, wie dein Manuskript einzuordnen ist, wie soll der Verlag oder die Literaturagentur es dann tun, geschweige denn auf dem Markt so positionieren, dass es Käufer findet?
Um die möglichen Genres so zu reduzieren, dass nur noch maximal 2 übrig bleiben, gibte s folgende Möglichkeiten:
- Beschränke dich auf die wesentlichen Genres. Wenn dein Buch nur “Elemente von” aufweist, kannst du dieses Genre meistens einfach weglassen.
- Lagere auf Zielgruppenbeschreibungen aus. Wenn du einen Fantasy-Liebesroman für Jugendliche geschrieben hast, könntest du jetzt die Genres Fantasy, Liebesroman und Jugendroman nehmen. Oder du lässt den Jugendroman weg und lässt genau dieselbe Information, die dieses Buch-Genre beinhaltet (“für Jugendliche”) einfach in die Zielgruppe einfließen, z.B. über den Begriff “Young Adult”. Dasselbe gilt bei einer leicht älteren Zielgruppe für “New Adult”.*
- Im Fall der Highland-Saga hätte ich basierend auf Punkt 1 “Fantasy” und “Liebesroman” als Genres angegeben. Aber wie sieht es mit dem historischen Aspekt aus? Hier lässt sich nach anders abhelfen: Nämlich, indem der Mix als Subgenre des Romans definiert wird.
Das Subgenre des eigenen Manuskripts finden
Hier gibt es eine weitere Genre-Übersicht inklusive dazugehörige Subgenres. Wenn wir uns wieder an unserer Highlander-Beispiel erinnern, würden wir uns in der Liste nach den Subgenres der Fantasy umsehen und dieses Ergebnis bekommen:
Auch Subgenres sind nicht immer klar und lückenlos definiert. Es gibt ganz verschiedene, je nachdem, welche Quelle man nutzt – aber hier sieht man eindeutig ein Subgenre, das wir für unser Beispiel brauchen können: Historische Fantasy – also ein Fantasy-Roman, der in der Vergangenheit spielt und historische Ereignisse aufgreift.
Damit bewegen wir uns immer noch im Genre der Fantasy, haben dieses aber noch einmal genauer und treffender definiert. Vor allem innerhalb eines so breit gefächerten Genres wie der Fantasy ist das bei einer Manuskripteinsendung auch wichtig, da die Subgenres sich stark voneinander unterscheiden.
In einem Exposé zur Highland-Saga könnten wir jetzt also festlegen: Historische Fantasy / Romance. Zwei Genres, die das Konzept hervorragend umreißen.
Genre und Marktchancen
“Fantasy ist auf dem absteigenden Ast” oder “Science-Fiction kauft doch eh niemand” sind Sätze, die man bei bestimmten Genres sehr oft zu hören bekommt. Aber stimmt das auch? Hat man mit einem Buch in einem bestimmten Genre bessere Marktchancen als mit anderen? Ja und nein.
Einerseits gibt es bestimmte Genres, die einfach “immer” gehen. Beispielsweise erfreuen sich Liebesromane zeitloser Beliebtheit, und laut einer Studie werden in Deutschland vor allem Krimis und Thriller gerne gelesen. Man kann daraus ableiten, dass Verlage einen hohen Bedarf in diesen Genres haben als in anderen Genres und dementsprechend mehr Programmplätze damit besetzen.
Aber das bedeutet nicht, dass alle anderen Genres auf dem Buchmarkt keine Chance haben. Selbst bei Genres, die nicht immer gleich beliebt sind, findet man viele Verlage, die sich gerade auf diese “Nische” spezialisiert haben, wie in der Fantasy z.B. der Drachenmond Verlag. Auch Genre-Mixes sollte man nicht unterschätzen: Beispielsweise sind Romantasy oder Romantic Suspense in den letzten Jahren sehr stark gewachsen und haben auch Einzug ins Programm von Publikumsverlagen gefunden (z.B. Romantasy bei Impress (Carlsen) oder Romantic Suspense bei be-eBooks (Bastei Lübbe)).
Genre und Positionierung
Das (Sub-)Genre kann auch bei der Positionierung helfen – bei deiner Verlagsbewerbung und später beim Marketing. Ich selbst habe einmal eine Rückmeldung zu einem New-Adult-Roman bekommen: Man fände ihn gut, könne ihn aber nicht verlegen, da man nicht wisse, wie man ihn positionieren solle. An dieser Stelle könnte man sich fragen: Ist New Adult nicht schon eindeutig genug? Für andere Verlage vielleicht, aber wer auf Nummer sicher gehen will, sieht sich auch noch einmal innerhalb der Romance-Subgenres um. Hier finden sich z.B.
– Office Romances (Liebesbeziehung am Arbeitsplatz)
– CEO Romances (konkreter: Liebesbeziehung zum Boss)
– Sports Romances (mindestens eine Partei des Liebespaars betreibt Sport)
– College Romances (im Uni-Setting)
– Rockstar Romances (selbsterklärend)
Auch hier dient die Einordnung einer besseren Einschätzung des Manuskripts. Wenn du für deine Verlagsbewerbung ein perfektes Anschreiben verfassen willst, kannst du außerdem auf die vertretenen Genres eingehen: Der Verlag hat schon viele Sports Romances verlegt, aber noch gar keine in Richtung Kampfsport? Das könnt ihr zusammen ändern.
Extra: Wann du dein Genre bestimmen solltest
“Ich habe ein Buch geschrieben, aber keine Ahnung, zu welchem Genre es gehört.” Diese Situation ist eher unglücklich: Man durchforstet Genredefinitionen und -merkmale, gleicht Bücher auf Verlagswebsites ab und findet doch nichts, mit dem man zufrieden ist.
Dabei kann man ganz einfach Abhilfe schaffen: Indem man das eigene Genre vorher festlegt. Wer von vornherein eine College Romance schreiben will, kann sich während des Schreibprozesses darauf fokussieren und dafür sorgen, dass am Ende tatsächlich eine College Romance dabei rauskommt. Das sorgt dafür, dass das Buch eindeutig positionierbar ist: Dass erst der Verlag und schließlich die Leser, die dein Buch auf deren Website ansehen, wissen, was sie bekommen. Außerdem kann man sich in diesem Fall schon vor dem Schreiben mehr über das Buch-Genre informieren und vielleicht neue, interessante Ansätze für das Manuskript finden.
In welchem (Sub-)Genre schreibst du? Wie einfach war die Einordnung für dich? Lass es uns in den Kommentaren wissen.
*bei der Frage, ob Young Adult und New Adult Genres oder Zielgruppen sind, scheiden sich die Geister. Die einen benutzen sie als Genre, die anderen in der Zielgruppenbeschreibung. Falls du ohnehin schon einen Genre-Mix gewählt hast, empfehle ich, sie in die Zielgruppenbeschreibung aufzunehmen, um (rein optisch) nicht zu viele Genres in den Topf zu werfen.
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Okay, danke, ich finde Ihre Erklärungen sehr wichtig. Gerade hat sich nämlich die Frankfurt Verlagsgruppe gemeldet und Interesse an einer Veröffentlichung signalisiert.
R.G. Fischer im übrigen auch und noch einige andere DKVZ-Verlage. Auf diese Angebote bin ich nicht eingegangen. Also werde ich weiter suchen, zB Rowohlt hat abgesagt und Suhrkamp hat nie geantwortet.
Etwas anderes: Unter Genre verstehe ich eine Gattung. So überlege ich seit Wochen die Einordnung meines MS (ca. 350 Seiten) und einen Titel. Es soll kein Krimi sein, obwohl ein Mord und ein Suizid eine kleine Rolle spielen. Aber das ist Beiwerk. Vielmehr geht es mir um die Hauptperson, ein außergewöhnlicher Staatsanwalt mit der Neigung, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Ich beschreibe dessen Aufstieg (Bergmannssohn) und Abstieg (Erkenntnis falsche Berufswahl) bis zu seinem Tod.
Vielen Dank für die Tipps.
Ich habe einen Jugendroman verfasst, was ich momentan neu schreiben muss, da ich die erste Ausführung verloren habe. Ich weiß zwar dass es ein Jugendroman ist finde aber keine passendes Subgenre.
Ich habe schon sehr viele Verlage angeschrieben und mein Manuskript zugesendet. Nur wollen di meisten Verlage Druckkostenzuschuss und das liegt nicht in meinem Interesse, habe auch nicht die Möglichkeit dazu. Ich habe auch Kommentare gelesen es gibt auch eine sogenannte Blacklist der Verlage, diese schreibe ich gar nicht erst an.
Mein Buch hat über 400 handgeschriebene Seiten, werde es och übertragen müssen.
Habe etliche Verlage angeschrieben, einige antworteten, andere gar nicht.
Ein großer Verlag wollte meinen Roman veröffentlichen, ich sollte jedoch
etliche Tausend Euro Publikationskosten bezahlen, der Buchverkaufspreis wurde mir
auch genannt, war gar nicht schlecht 27,80. Ich sollte per vorgedrucktem Brief unter-
schreiben. Tat ich nicht. Das ist schon 3 Jahre her, seitdem habe ich das Anbieten meines
Romanes aufgegeben. Der 2. Roman liegt auch in der Schublade. Ist schade, aber es macht
mutlos. Ich bin übrigens keine junge Schreiberin,