“Soll ich lieber einen Verlag suchen oder doch besser ins Selfpublishing gehen?” Das ist eine Frage, die sich Autoren nicht nur am Anfang ihrer Karriere stellen. Ganz gleich, welchen Weg man einschlägt, man wird sich immer wieder dabei ertappen, den eigenen bisherigen Weg infrage zu stellen und sich zu fragen, ob man nicht vielleicht doch die andere Richtung einschlagen soll.
Viele entscheiden sich letzten Endes für einen Mittelweg und veröffentlichen hybrid: Also sowohl bei Verlagen als auch im Selfpublishing. In diesem Artikel sehen wir uns gemeinsam drei zentrale Entscheidungskriterien an, anhand derer ihr feststellen könnt, welcher Weg eher für euch geeignet ist.
Inhaltsverzeichnis
Verlag oder Selfpublishing? Faktor Zeit
Ein wichtiger Faktor, sich für oder gegen Selfpublishing bzw. Verlagsveröffentlichungen zu entscheiden, ist der Faktor Zeit.
Sehen wir uns diesen bei einer Verlagsveröffentlichung an:
Du schreibst dein Buch zu Ende, überarbeitest es, korrigierst es. Dann machst du dich auf die Suche nach passenden Verlagen. Sendest diesen deine Unterlagen zu. Und je nachdem, um welche Verlage es geht, findest du bereits auf der Website Hinweise à la „Wenn wir uns innerhalb von 6 Monaten nicht gemeldet haben, heißt das Nein“.
Also wartet man. Und wartet. Nichts kommt zurück. Man versucht es bei weiteren Verlagen. Selbe Wartezeit.
Oder man versucht es über eine Agentur: Dann wartet man eben erst einmal auf Rückmeldungen von Agenturen. Wird unter Vertrag genommen. Wartet darauf, dass das Manuskript Verlagen angeboten wird. Und auf Rückmeldungen.
Dann bekommt man (vielleicht) einen Verlagsvertrag. Und wartet auf die Veröffentlichung. Je nach Verlagsgröße gern auch über ein Jahr lang.
Wer bei Verlagen veröffentlichen will, braucht in erster Linie GEDULD. Ausnahmen bestätigen die Regel, ändern aber nichts an der Regel: „Die Verlagsmühlen mahlen langsam.“
Im Selfpublishing hingegen bestimmt man selbst das Tempo. Sobald dein Manuskript fertig ist, könntest du es (theoretisch) bereits veröffentlichen. Du hast dein eigenes Verlagsprogramm und entscheidest, wann was veröffentlicht wird und welche Phasen (Coverdesign, Lektorat, usw.) davor wann durchlaufen werden.
Gerade wer sehr schnell und sehr viel schreibt, wird bald feststellen, dass sich die Manuskripte in der Schublade häufen. Das war auch mein Grund, ins Selfpublishing zu wechseln: Mit über 30 fertigen Manuskripten ohne Verlagsvertrag kann ich es mir schlichtweg nicht mehr „leisten“, ewig zu warten.
Wie geduldig bist du in Sachen Verlagsbewerbungen? Wie lang könntest du auf eine Antwort warten?
Verlag oder Selfpublishing? Faktor Geld
Auch das liebe Geld ist ein wichtiger Faktor in der Entscheidung „Verlag oder Selfpublishing“.
Eine Verlagsveröffentlichung ist für dich immer kostenlos. Und ich sage: immer. Du wirst niemals deinem Verlag Geld bezahlen oder eine Mindestmenge an Büchern abkaufen müssen. Sollte ein Verlag das doch von dir verlangen, ist er UNSERIÖS und du solltest das Weite suchen.
Ob du trotzdem Geld in deine Verlagsveröffentlichung investierst und z. B. Illustrationen gestalten lässt, Anzeigen schaltest, Buchpakete schnürst, usw. bleibt dir überlassen.
Im Selfpublishing können dich deutlich höhere Kosten erwarten. Alles, was ein Verlag macht, machst du jetzt selbst, dazu gehören: Lektorat, Cover, Vertrieb, Marketing. Jeder einzelne Posten davon kann sehr kostspielig sein. Sicher gibt es Möglichkeiten, das eine oder andere günstiger zu bekommen oder gar ganz wegzulassen, aber so günstig wie ein Verlagsveröffentlichung kann Selfpublishing nie werden.
Selfpublishing ist ein Investment. Du musst zuerst Geld einzahlen (in deine Veröffentlichung), um schließlich Gewinne abzuschöpfen (deine Marge).
Diese fällt im Selfpublishing normalerweise auch höher aus als bei Verlagen, zumindest im E-Book-Bereich. Während du im SP zum Teil gut und gerne 70 % des Nettoverkaufspreises deiner E-Books erhalten kannst, schließen viele Verlage Verträge zu 25 % des Nettoverlagserlöses (= Nettoverkaufspreis abzüglich aller Buchhandelsrabatte & Co.)
Bedeutet kurz gesagt: Im Selfpublishing wirst du mehr investieren müssen, hast aber auch die Möglichkeit mehr abzuschöpfen.
Wie viel Geld in absoluten Zahlen rausspringt, hängt in beiden Fällen vom Verkaufserfolg des Buchs ab. Insgesamt ist eine Verlagsveröffentlichung risikofreier, was den Griff in den eigenen Geldbeutel angeht. Viele Hybridautoren, die ich kenne, geben aber auch an, mit Selfpublishing deutlich mehr verdienen und eher vom Schreiben leben zu können.
Hast du das nötige Kleingeld für Selfpublishing übrig? Würdest du dich an dieses Investment heranwagen?
Verlag oder Selfpublishing? Faktor Energie
Dieser Punkt kommt vielleicht für viele überraschend, liegt mir aber besonders am Herzen. Wer Selfpublishing machen will, braucht Energie.
Wie wir bereits gelernt haben, fallen beim SP deutlich mehr Aufgaben an als bei der Verlagsveröffentlichung. Selbst wer viele davon auslagert (z. B. Lektorat, Covergestaltung, etc.), wird trotzdem überrascht sein, wie viel Kraft es kostet, all diese Dinge zu koordinieren, zu balancieren und vorzubereiten, bis der Erscheinungstermin ansteht.
Was meine eigenen SP-Veröffentlichungen angeht, heißt es erfahrungsgemäß: What can go wrong, will go wrong. Deshalb kann ich allen, die SP machen (möchten), ein starkes Nervenkostüm ans Herz legen. Wer noch keines hat, wird schnell eines bekommen.
Genau wie bei der Verlagsveröffentlichung verkaufen sich SP-Bücher nicht von selbst. Die Veröffentlichung muss glatt über die Bühne gehen und das Marketing stimmen. Das kostet in den meisten Fällen nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit, Mühe, Energie und Nerven, die vor allem ins Hoffen und Bangen investiert werden.
Man hofft immer, dass sich das eigene Buch gut verkauft. Aber bei einer Verlagsveröffentlichung gibt man die Verantwortung zum Teil ab. Verantwortung, die man im SP ganz allein trägt. Das kann zermürben.
Daher meine Empfehlung: Wenn du neu ins SP einsteigst, nimm dir nicht zu viel auf einmal vor. Du kannst mit jeder Veröffentlichung unglaublich viel lernen und fürs nächste Mal gewinnbringend einsetzen. Nur die Ruhe!
Erfahrungsbericht: Verlagsbuch ins Selfpublishing überführen
Ich habe schon Verlagsbücher im Selfpublishing neu veröffentlicht. Was dazu geführt hat und wie es gelaufen ist, erfährst du in der dazugehörigen Folge meines Audio-Formats WAYEcast.
Themen dieser Folge
- Alte Bücher neu auflegen und erfolgreich machen
- Wenn E-Book-Imprints Auflagen an Autoren für Taschenbuchausgaben stellen (“Du musst dein E-Book x Mal in y Monaten verkaufen, wenn du ein Print willst!”)
- Marketing als Sache des Verlags oder der Autorin?
- Veröffentlichung meines Debüts bei Loomlight und vorzeitige Kündigung
- Burnout vom Veröffentlichen?
- Ein Manuskript vom Verlag ins Selfpublishing überführen
- KDP select oder E-Book überall veröffentlichen?
- Wie steht es mit meinem Debüt heute? Aktuelle Erfolge und “was mein Verlag nicht hinbekommen hat”
Veröffentlichst du bei Verlagen oder im Selfpublishing bzw. wo möchtest du einmal veröffentlichen? Verrate es uns in den Kommentaren.