Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Aus Autor auf die Buchmesse: Andreas Hagemann im Interview

Die vielfältigen deutschen Buchmessen – allen voran in Frankfurt und in Leipzig – sind seit jeher absolute Hotspots für die verschiedenen Teilnehmer der Buchbranche. Nicht nur Autoren tummeln sich nur zu gerne zwischen den Regalen der Buchmesse, sondern auch Verlage, Dienstleister, Literaturagenturen – und nicht zuletzt Leser. Viele Schreibende nutzen diese Gelegenheit, direkt auf ihr Publikum zu treffen, und nehmen an Buchmessen nicht als Privatbesucher, sondern als Fachbesucher mit eigenem Stand teil. Hier werden Bücher verkauft, Meet & Greets abgehalten, Fotos geschossen, der direkte Kontakt zur Leserschaft gesucht. Aber was muss man eigentlich beachten, wenn man als Autor an einer Buchmesse teilnehmen will? Genau das möchte ich von Fantasyautor Andreas Hagemann wissen, der schon seit vielen Jahren auf Buchmessen ein- und ausgeht. Heute teilt er mit uns seine persönlichen Tipps & Tricks rund um den Messebesuch und erklärt uns, worauf es ankommt, als Autor einen Stand auf einer Buchmesse zu mieten.

Der Autor als Buchmesse-Aussteller

[AW] Lieber Andreas, ich habe dich vor allem als Autor kennengelernt, der viel als Aussteller auf Buchmessen unterwegs ist. Kannst du uns erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass du damit angefangen hast?

[AH] Eigentlich haben die Buchmessen mich gefunden. 2018 bin ich gefragt worden, ob ich Interesse hätte am Stand vom Gedankenreich Verlag ein Regal auf der FBM mit anzumieten. Bis dato war ich der Ansicht, dass derlei Messen für DIE Autoren, also große, bekannte Gesichter und nicht für solch kleine Flammen wie mich waren.

Als es soweit war, bekam ich kaum den Mund auf und brauchte den Tritt meiner Kolleg*innen, aus mich heraus zu gehen. Das Ergebnis war der Ausverkauf aller meiner 64 mitgebrachten Bücher in nur 3 Tagen. Es hat mir gezeigt, wie viel Potenzial in einer Präsenz vor Ort liegt. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich ein klein wenig Blut geleckt.

[AW] Was sind in deinen Augen die größten Vorteile davon, einen Stand auf einer Buchmesse zu haben?

[AH] Was man einem Buch nicht ansieht, sind die Arbeit und Leidenschaft die darin stecken. Gerade Letztere ist etwas, die man nur in Person vermitteln kann. Ein Klappentext vermag Interesse zu wecken, doch Begeisterung infiziert. Auf einer Messe kann man mehr zu seinen Geschichten vermitteln und zusätzliche Einblicke liefern. Gerade das schätzen Lesende sehr. Zudem ist es ein zusätzlicher Reiz Schreibende persönlich zu treffen und Widmungen zu erhalten. Was ich in den letzten Jahren besonders gemerkt habe ist, dass insbesondere Selfpublisher direkt unterstützt werden.

[AW] Auf welchen Messen kann man dich als Aussteller antreffen (und auf welchen vielleicht nicht mehr)?

[AH] Ich werde meine Präsenz in naher Zukunft sogar weiter ausbauen. Für das Jahr 2023 sind bereits die LBM, FeenCon, Fabula Est, FBM und BuchBerlin eingeplant. Darüber hinaus möchte ich noch schauen, welche Gelegenheiten sich noch ergeben.

Die Planung des Buchmesse-Besuchs

[AW] Die Mietgebühren für Stände unterscheiden sich stark von Messe zu Messe (Beispiel: Frankfurter Buchmesse, Leipziger Buchmesse). Gibt es noch weitere Kostenfaktoren, die Neulinge vielleicht nicht auf dem Schirm haben?

[AH] Es wird oft unterschätzt wie teuer die Drucke sind. Gerade wer bei Print on Demand Anbietern ist, muss schauen, ob ein gewinnbringender Verkauf überhaupt möglich ist. Mit 2-3 € Verdienst pro Buch lohnt sich ein Stand, finanziell gesehen, nicht. Bei einer günstigen Messe, die 100 € kostet, muss man schon mind. 50 Bücher verkaufen, um die Kosten zu decken. Das ist illusorisch.

Die Frankfurter Buchmesse ist eine der größten Buchmessen im deutschsprachigen Raum.

Ansonsten sind Lesezeichnen unerlässlich, ggf. noch Goodies, eine Tischdecke samt Fusselrolle, vor allem aber Essen und Trinken. Empfehlenswert ist eine klappbare Sackkarre, um die Kisten rückenschonend zu transportieren. Etliche Messen haben sehr lange Wege und wer dann leicht schwitzt, wird ebenfalls ein DEO brauchen. Für die Präsentation sind Buchaufsteller noch sehr hilfreich. All diese kleinen Dinge läppern sich. Vieles schafft man einmal an, aber es braucht dennoch zahlreiche Messen, um das Geld dafür wieder reinzubekommen.

[AW] Wie muss ein richtig guter Messestand aussehen und wie muss er ausgestattet sein?

[AH] Prinzipiell ist das Geschmackssache. Es gibt aber einige Tricks mit denen man aus der Masse herausstechen kann. Das Auge „isst“ auch auf Messen mit. Überlegt euch ein stimmiges Konzept, das eure Bücher würdig repräsentiert. Darunter verstehe ich eine passende Tischdecke und Dekoration. Es sollte nicht so aussehen, als sei gerade nichts Besseres zur Hand gewesen.

Messetische sind per se flach, wer also das Auge auf sich lenken möchte, sollte (dezent) in die Höhe bauen. Das können Kartenständer, Regale oder Tischaufsteller sein. Dabei geht Sicherheit vor. Nichts darf umfallen oder irgendjemanden verletzen.

Bei einer Buchmesse geht es um Präsentation, daher steht das Buch, nicht der Schreibende im Vordergrund. Buchaufsteller kosten nicht viel Geld, machen in der Wirkung jedoch einiges her. Wählt zudem eine Tischgröße, bei das Verhältnis von Präsentationsfläche und Anzahl Bücher ausgewogen ist. Nichts wirkt deprimierender wenn zwei, drei Bücher alleine neben Lesezeichen und Goodies liegen. Sorgt also gern für einen vollen Tisch, das schreit nach Auswahl und reichlich Angebot. Zudem erspart es euch das permanente Nachlegen von Büchern.

[AW] Und welche Ausrüstung oder kleinen Helfer braucht man vielleicht nicht zwangsläufig, sind für dich aber unersetzlich geworden?

[AH] Für mich sind das zwei Dinge: ein Staufach und ein SumUp oder iZettle (je nach Anbieter).

Wer viele Kartons mitbringt, dem wird der Platz fehlen sein eigenes Zeug oder Kleinigkeiten unterzubringen. Ich nutze ein quer liegendes Regal als Stauraum, dessen Öffnung zu mir zeigt. Dort verstaue ich Stifte, Trinken, Essen und weitere Lesezeichen oder sonstige Dinge, wie Kasse und Zahlterminal, die ich schnell im Zugriff brauche.

So habe ich zudem eine Erhöhung auf der ich signieren, kassieren und notfalls sogar dekorieren oder präsentieren kann.

Das Zweite ist für mich der SumUp. Das ist ein elektronisches Kartenlesegerät. Über eine App kann ich meinen Bestand sowie sämtliche Verkäufe nachhalten und gleichzeitig Kunden die elektronische Zahlung anbieten. Das wird sehr gerne angenommen, kostet nur etwa 30 € in der Anschaffung und erlaubt mir die Abrechnung für die Buchhaltung in nur wenigen Klicks zu machen.

Gerade bei mehreren Messen kann ich so auch später noch Verkaufsstatistiken einsehen und die Buchmengen beim nächsten Mal noch besser planen. Vor allem aber hilft es die Bargeldmenge bei mir zu reduzieren. Als Sicherheitsfaktor ist das nicht zu unterschätzen.

[AW] Während der Corona-Pandemie sind bekanntermaßen die meisten buchbezogenen Messen ausgefallen. Hast du hier auf alternative (Online-)Veranstaltungsformate zurückgegriffen und wenn ja, auf welche?

[AH] Ich habe tatsächlich zwei Mal versucht solche Messen zu nutzen. Für mich selbst hat sich das nicht ausgezahlt, dennoch möchte ich es nicht schlecht reden. Ich kenne auch Autor*innen, bei denen das half und neue Käufer gewonnen wurden. Das ist etwas, das wohl jeder für sich selbst herausfinden muss. Die wohl bekannteste ist die OBM, die Online Buchmesse, ein großes Event, bei dem es digitale Stände und Livelesungen gibt. Hier habe ich selbst noch nicht teilgenommen.

Tipps und Tricks rund um den Buchmesse-Besuch als Aussteller

[AW] Hand aufs Herz: Wie wahrscheinlich ist es, dass man die durch die Messe entstehenden Kosten (z. B. Miete des Messestands) mit seinen Buchverkäufen wieder reinholt?

[AH] Das lässt sich pauschal gar nicht beantworten, weil viele Faktoren eine Rolle spielen. Ich empfehle per se folgende Formel: Nimm die potenziellen Kosten und teile sie durch deinen Verdienst pro Buch. Das Ergebnis ist das Minimum an Büchern, das man mitnehmen sollte. Sonst hat man bereits rechnerisch keine Chance die Kosten zu decken. Plane vor allem bei Serien mehr vom 1. Teil ein. Zudem gilt die Grundregel: Lieber zu viele Bücher, als zu wenige Bücher.

Natürlich sollte man für solch ein Event die Werbetrommel rühren, rein auf die Laufkundschaft zu hoffen verschenkt Potenzial. Ansonsten ist es durchaus eine Frage der Buchmenge und damit meine ich die Titel. Mit einem einzigen Buch wird es sehr schwer. Mit 2-4 Titeln schon leichter. Tut euch daher am Anfang gern mit anderen Autor*innen zusammen. Ein Anfang ist dann leichter, man vernetzt sich und hat auch mehr Spaß.

Andreas Hagemann schreibt und verlegt humorvolle Fantasy. Seine Bücher verkauft er auf zahlreichen Buchmessen.

[AW] Nun ist nicht jeder Autor extrovertiert, hast du Tipps und Tricks wie man leichter mit Interessenten spricht?

[AH] Gerade als introvertierter Mensch bedeutet so eine Messe Stress. Im Gegenzug sind extrovertierte Menschen oft zu forsch und verschrecken potenzielle Kunden. Daher folgende Tipps. Lächelt einfach und grüßt, wenn jemand an den Stand tritt. Mehr nicht. Gebt ihnen Zeit sich einen Überblick zu verschaffen. Liest jemand einen Klappentext unterbrecht ihn nicht.

Aber wann sollte ich sie ansprechen? Es braucht etwas Übung die Menschen zu lesen. Meistens folgt nach dem Lesen des Klappentexts ein kurzes Zögern (im Sinne der Begeisterung). Sie halten das Buch länger in der Hand, schauen sich weiter um oder lächeln kurz. Das ist der Augenblick wo man nachfragen kann, ob man noch etwas mehr zur Geschichte erzählen darf.

Etwas, dass ich immer wieder sehe ist, wie penetrant Besucher noch vor dem Stand oder gar im Gang angesprochen werden und man Ihnen Dinge in die Hand drückt. Viele Lesende sind ein genauso scheues Volk wie wir Schreibende. Die Wohlfühlzone eines Menschen liegt bei etwa 50 cm, unterschreitet man sie, weicht man intuitiv zurück. Solch eine Verhaltensweise löst also zwangsweise einen Fluchtreflex aus und man hat die Chance für ein Gespräch vertan bevor sie überhaupt da war.

Ebenfalls oft erlebt: der Hang etwas verkaufen zu wollen oder gar zu müssen. Wer sich solch einem Druck aussetzt, ist angespannt, lächelt weniger, neigt dazu die Arme zu verschränken und wirkt damit wenig sympathisch. Gespräche fallen dadurch schwerer und Interessenten werden weniger Interesse zeigen. Gebt euch und anderen also entsprechend Zeit.

[AW] Letzte Frage: Welchen Tipp hättest du gerne schon vor deinem ersten Auftritt als Aussteller auf einer Buchmesse bekommen?

[AH] Es mag jetzt merkwürdig klingen, aber auf solchen Messen geht es nicht ums Verkaufen, sondern Spaß haben. Wer solch eine Messe als Chance sieht zu lernen, wird mehr als nur Geld mit nach Hause nehmen. Das ist für mich eine sehr wichtige Erkenntnis. Wer Lacht und Freude hat, zieht das Glück an und das ist kein Klischee.

Es ist völlig in Ordnung einmal wenig zu verkaufen. Und wenn einmal nichts los ist, schiebt keinen Frust. Nutzt die Gelegenheit an andere Tische in der Nähe zu gehen. Unterhaltet euch, lernt euch kennen, erweitert euer Netzwerk. Besonders schüchterne Menschen nutzen gerade solche Gelegenheiten, um an Stände zu gehen.


Ich danke Andreas Hagemann für das gelungene Interview! Mehr zu Andreas’ Büchern und seinen nächsten Auftritten auf Messen & Co. findet ihr auf seiner Website. Schaut gleich vorbei!

Die Autorentipps auf anniewaye.de sind und bleiben kostenlos. Auf Patreon findest du weitere exklusive Autorentipps. Oder buche einen Autorenservice oder ein Coaching auf BookBOOST.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.