Willkommen zu meiner Reihe “Fantasy-Jugendbuch schreiben”. In neun Teilen führe ich euch nach und nach an euer erstes Fantasy-Buch für Jugendliche heran. Aber auch andere, die in anderen Genres und/oder für eine andere Zielgruppe schreiben, können sicherlich einige Tipps mitnehmen. Heute geht es um die Charaktere in deinem Fantasy-Roman.
Die Reihe besteht aus folgenden Episoden:
- Das Genre
- Das Thema
- Die Zielgruppe
- Die Charaktere (hier!)
- Die Perspektive
- Der Weltenbau
- Der Umfang
- Inspirationsquellen
- Fallstricke der Jugendfantasy
Jetzt geht es los mit den Charakteren in deinem Fantasy-Jugendbuch!
Inhaltsverzeichnis
Charaktere im Fantasy-Jugendbuch
Inwieweit hier besondere Dinge zu beachten sind, wird wahrscheinlich schnell klar: Das Fantasy-Jugendbuch ist nicht nur für Jugendliche geschrieben worden, sondern hat traditionellerweise auch jugendliche Charaktere als Protagonisten. Worauf man hier achten sollte, wird teils schon in anderen Teilen dieser Reihe abgedeckt. Jetzt fassen wir alles aber noch einmal kompakt zusammen!
Auch bei der Verlagssuche spielen die Charaktere eine große Rolle. Teilweise gibt es hier bestimmte Trends oder Anforderungen, die man im besten Fall mit seinem Buch erfüllen sollte, z.B. starke weibliche Charaktere.
Das Alter der Fantasy-Charaktere
Die Protagonisten deines Fantasy-Jugendbuchs sollten ein paar Jahre älter sein als die Zielgruppe.
Beispiel: Bei den “Chroniken der Unterwelt” (Clare) ist die Protagonistin am Anfang des Buchs 15. Die Altersempfehlung des Buchhandels ist ab 12 Jahren.
Beispiel: Die Bis(s)-Reihe (Meyer) wird ab 14 Jahren empfohlen. Bella Swan ist am Anfang des ersten Teils 17 Jahre alt.
Deine Fantasy-Charaktere sollten der Zielgruppe also ein bisschen “voraus” sein.
Anzahl der Fantasy-Charaktere
Wie viele (wichtige) Charaktere sollten in deinem Fantasy-Jugendbuch vorkommen? Das kann man natürlich nicht pauschal beantworten und ist beispielsweise vom Umfang und der Perspektive des Buchs abhängig.
Faustregel: So viele Charaktere wie nötig, so wenige wie möglich.
Du musst nicht von Anfang an genau planen, wer alles vorkommt. Spätestens in der Überarbeitung kannst du noch streichen, wen du nicht brauchst, oder hinzufügen, wo es vielleicht doch gut wäre, noch jemanden dabei zu haben.
Wenn du eine Reihe schreibst, sollte der erste Band im Optimalfall in sich abgeschlossen sein und auch nur eine begrenzte Anzahl an (Neben-)Charakteren beinhalten. Mit jedem Folgeband kannts du die Komplexität deiner Geschichte steigern und es können auch mehr Nebencharaktere hinzukommen. Der Leser ist dann schon mit den wichtigsten Charakteren aus Band 1 “warm geworden” und hat wieder Aufnahmekapazitäten, um neue Charaktere kennenzulenen.
Persönlichkeit der Fantasy-Charaktere
Das ist der vielleicht wichtigste Punkt in diesem Beitrag.
Je mehr (wichtige) Charaktere in deinem Buch vorkommen, desto wichtiger ist es, sie einzigartig zu gestalten.
No-Gos sind beispielsweise:
- Austauschbare Charaktere, die keine besondere Rolle spielen und nur zur “Zierde” da sind
- Farblose Charaktere ohne Tiefe, für die sich der Leser kaum interessiert
- Charaktere, die sich sehr ähnlich sind und vielleicht sogar denselben Zweck im Buch erfüllen
Bessere Fantasy-Charaktere wären solche mit individuellen Charakterzügen, die sie einzigartig machen. Jede Figur sollte eine bestimmte Rolle, die nur von ihr eingenommen werden kann und von niemandem sonst.
Aber wie erschafft man einzigartige, verschiedene, nicht austauschbare Charaktere?
Hier möchte ich dir zwei Wege vorstellen, wie dir genau das gelingen kann:
- Szenario-Technik: Stelle dir vor, jeder deiner Charaktere würde in eine bestimmte Situation geraten. Sorge dafür, dass jeder davon anders reagiert!
- Backstorys: Unsere Vergangenheit beeinflusst uns stark. Das gilt auch für deine Figuren! Überlege, was sie schon erlebt haben und was das aus ihnen macht.
Namen der Fantasy-Charaktere
… kannst du frei nach deinem eigenen Geschmack kreieren. Hier gibt es aber ein paar optionale Tipps, die du berücksichtigen kannst:
- Halte Fantasy-Namen einfach. Ein Buch wird nicht besser, je mehr Akzente und Apostrophe in den Namen vorkommen. Der Leser muss die Namen flüssig lesen und gedanklich zumindest einigermaßen nachsprechen können. Wenn er jedes Mal beim Lesen drüberstolpert, wird es kein schönes Leseerlebnis für ihn werden.
- Gib den Figuren nicht zu ähnliche Namen! Laut George R. R. Martin sollte man bestenfalls versuchen, in einem Buch keine zwei Charaktere vorkommen zu lassen, die denselben Anfangsbuchstaben im Namen haben. Auch wenn die Namen abgesehen davon nicht ähnlich klingen, besteht hier von Grund auf ein höheres Verwechslungsrisiko.
Fähigkeiten der Fantasy-Charaktere
Wir sind hier immer noch in der Fantasy, und viele unserer Charaktere sind keine (normalen) Menschen. Sie bringen besondere Fähigkeiten und Begabungen mit, von denen der Leser nur träumen kann. Die Fähigkeiten und das Magiesystem können ein starkes Kaufargument und Alleinstellungsmerkmal deines Buchs sein.
Es ist wichtig, dir schon vorab Gedanken über die Fähigkeiten zu machen, die deine Charaktere mitbringen. Aber nicht nur das. Auf diese Punkte solltest du dich konzentrieren:
- Welcher Art gehört mein Charakter an? (Eng verwoben mit dem Thema Weltenbau)
- Was kann mein Charakter? (z.B. im Vergleich zu einem normalen Menschen)
- Was kann mein Charakter nicht? (Wo sind die Grenzen?)
- Welchen Preis muss mein Charakter für seine Fähigkeiten bezahlen? Welche Nachteile ergeben sich durch sie?
Antagonisten
Bei jeder noch so sorgfältigen Charakterausarbeitung werden die Antagonisten gerne vergessen. Dabei solltest du sie mit genauso viel Liebe fürs Detail gestalten wie deine Protagonisten und Nebencharaktere! Der klassische, austauschbare Schwarz-Weiß-Bösewicht, der einfach nur böse ist, weil er es kann, und über alle Ressourcen der Welt verfügt, um seine finsteren Pläne umzusetzen, ist längst out.
Beliebt sind inzwischen zwiespältige Charaktere, die die (Anti-)Helden ihrer eigenen Geschichte sind und auf keinen Fall durch und durch böse. Sie haben authentische Schwächen, sind nicht allmächtig und bringen nachvollziehbare Motive mit, die der Protagonist vielleicht erst mit der Zeit erfährt.
Antagonisten sind dann hervorragend gelungen, wenn sie beim Leser (oder dem Protagonisten) Emotionen auslösen. Welche Emotionen das sind, kann unterschiedlich sein: Sowohl Ärger und Hass, aber auch Empathie oder Mitgefühl sind effektive Emotionen, die du beim Leser wecken kannst.
Abschließende Tipps zu Fantasy-Charakteren
- Erschaffe nachvollziehbare, sympathische Figuren
- Kreiere ein Identifikationspotenzial für den Leser. Wenn ihm deine Charaktere egal sind, wird er nicht mitfiebern können!
- Orientiere dich bei der Ausgestaltung von Namen und Alter an der Zielgruppe.
- Stecke mindestens so viel Liebe in die Ausgestaltung des Antagonisten
Was macht deine Fantasy-Charaktere einzigartig?
Du hast noch nicht genug?
Hier geht es zu Teil 5 der Themenreihe.
Praktische Checklisten zum Download bekommst du hier.
Die Autorentipps auf anniewaye.de sind und bleiben kostenlos. Wenn du mich dabei unterstützen möchtest, dieses Angebot aufrechtzuerhalten, spendiere mir einen Kaugummi auf Patreon.
*** Diese Seite enthält Affiliate-Links (siehe Datenschutzerklärung)